Die Konstellation in der Damen-Klasse versprach Höchstspannung bis zu letzten Kurve. Titelverteidigerin Laia Sanz aus Spanien lag mit 107 Punkten an der Spitze. Dahinter folgten die Britin Jane Daniels mit 105 und Maria Franke mit 100 Zählern. „Mein Ziel für die beiden finalen Läufe war ganz klar, mindestens den Vize-Titel zu erreichen“, so die ehrgeizige Ansage von Maria, welche bereits zweimal Gesamtdritte der Damen-Motocross-Weltmeisterschaft wurde.

In der Tat kam Maria die Charakteristik der Sonderprüfungen sehr entgegen. Der Schwierigkeitsgrad, des sonst von ihr eher gefürchteten Extrem-Tests hielt sich im Rahmen, so dass sie dort immer nur wenig Zeit liegen ließ. Dafür konnte die KTM-Fahrerin im Enduro-Test ihr ganzes Potenzial ausschöpfen und ganz entscheidende Sekunden herausfahren, welche die Konkurrenz im anschließenden Cross-Test nur sehr schwer wieder aufholen konnten. So lag Maria am Samstag nach der ersten Runde erstmalig in Führung. „Das war eine neue Situation für mich, die ich so noch nicht kannte. Ich habe auf der Etappe angefangen, die Prüfungszeiten hin und her zu rechnen. Was müsste ich riskieren, um woanders etwas Puffer zu haben. Es war schon etwas verrückt“, so Maria über ihre gedanklichen Rechenspiele.

Vor der letzten Prüfung hatte sie etwas mehr als drei Sekunden Vorsprung auf Laia Sanz. Die Spanierin legte gut vor. Doch als Maria kurz danach die Lichtschranke überquerte war klar: Es hatte gereicht! „Das war schon ein ganz tolles Gefühl. Ich habe hart darauf hin gearbeitet und bin sehr glücklich, dass es mit dem Sieg in diesem Jahr doch noch geklappt hat“, so eine freudestrahlende Maria Franke, die bereits in Schweden knapp am ersten Sieg vorbeigeschrammt war.

Am zweiten Tag drehte Laia Sanz allerdings den Spieß zu ihren Gunsten um. „Da war sie schon sehr stark unterwegs“, erkannte Maria die Leistungen der Spanierin an, die sich damit ihren fünften Enduro-WM-Titel in Folge sicherte. Für Maria reichte der zweite Platz, um sich noch im Gesamt-Klassement an der Britin Daniels vorbei zu schieben. Damit war der Vize-Titel besiegelt! „Es ist schon Wahnsinn! Ich glaube, ich brauche noch ein paar Tage, um alles zu realisieren“, so die überglückliche Vize-Weltmeisterin. „Der Saisonabschluss war ohne Zweifel mein bisheriger Saisonhöhepunkt, wobei mir der Tagessieg fast mehr bedeutet, als die Vize-Weltmeisterschaft. Vielen Dank an mein Team, alle Betreuer und Sponsoren, welche mich in meinem ersten Jahr in der Enduro-Weltmeisterschaft so fantastisch unterstützt haben!“

Mit Martin Kradorf war noch ein weiterer Vertreter vom Team Sturm in Frankreich am Start. Der Thüringer erfüllte sich damit einen lang gehegten Traum: „Ich wollte schon immer einmal einen WM-Lauf im Ausland fahren. Hier nun hat es geklappt.“ Der erste Tag verlief soweit ganz gut, bis zur verhängnisvollen, extrem langen Steilauffahrt am Rundenende. Dort kassierte Martin wegen Zeitüberschreitung noch zwei Strafminuten. „Das war etwas ärgerlich“, blickt der KTM-Fahrer mit etwas gemischten Gefühlen zurück, „in der ersten Runde ging es so einigermaßen. In der zweiten bin ich richtig gut hochgekommen, so dass ich mich in der dritten richtig auf die Stelle gefreut habe. Allerdings habe ich mich dann ordentlich aufgearbeitet.“ Dennoch reichte es zu einem respektablen Rang dreizehn und drei WM-Punkten. Am zweiten Tag wiederholte Martin diese Platzierung und ging so mit insgesamt sechs Zählern in die WM-Gesamtwertung ein.

Text: Peter Teichmann

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